Hier eine interessante Stellungnahme von Prof. Raimund Karl zum Thema:
Teilhabe / Bürgerbeteiligung an der Archäologie
aus der Facebookgruppe "Reform der Sondengänger"
Zitat Raimund Karl:
Damit verbunden ist letztendlich die Frage, wofür der (staatliche) Denkmalschutz in einer demokratischen, egalitären Gesellschaft da ist. Diese Frage wurde schon weiter oben in diesem Diskussionsstrang mit "zum Denkmalschutz" beantwortet, aber diese Antwort ist kurzsichtig und nur unter der Annahme einer fixen Wertehierarchie sinnvoll. Weil diese Ansicht geht davon aus, dass der Denkmalschutz ein Selbstzweck ist. Das ist zwar in der deutschsprachigen Fachtheorie und auch der deutschsprachigen Rechtssprechung der bisher bestehende "Konsens" - "Denkmale" werden aufgrund des ihnen innewohnenden "inneren Werts" geschützt; aber das heißt letztendlich nichts anderes als dass der obirgkeitlich organisierte Staat, in dem diese Denkmalschutzphilosophie entwickelt wurde, eben ein (spät-) feudales System war, in dem das einzig ausschlaggebende Kriterium war, was dem feudalen Souverän, d.h. der "Obrigkeit" gefällt, während Meinungen und Interessen der staatlichen Untertanen völlig egal war. Dieser Souverän war letztendlich sowohl in Deutschland als auch in Österreich der Kaiser bzw. in dessen Vertretung seine kaiserliche Bürokratie, die mehr oder minder frei willkürlich entscheiden durfte, was "gut für alle ist", weil ihre Mitarbeiter als "die Besten" angesehen wurden (die daher auch feudale Privilegien hatten).
In einer modernen, egalitären demokratischen Gesellschaftsform geht das so eigentlich nicht mehr, weil der Souverän in diesem "das Volk" ist, das im Gegensatz zum alten Kaiser nicht eine Ansicht und eine Bewertungshierarchie in Bezug auf eine bestimmte Sache hat, sondern eben unterschiedliche Interessen hat, die miteinander ausgeglichen werden müssen, damit möglichst alle "Souveräne" möglichst viel von dem tun können was sie wollen. Damit wird aber gleichzeitig aus der feudalen "bürokratischen Obrigkeit" ein "öffentlicher Dienst", wo sich die Macht- und Rollenverhältnisse eigentlich umkehren sollten. Und damit kann auch der staatliche Denkmalschutz nicht mehr Selbstzweck sein (es sei denn, der vielgesichtige Souverän einigt sich auf diese ganze bestimmte Ansicht, was er normalerweise nicht tut), sondern wird Mittel zum Zweck: Denkmalschutz dien teben nicht (mehr ausschließlich) dem Denkmalschutz, sondern Denkmalschutz dient der Bevölkerung und ihren (vielgestaltigen) Interessen.
Das ist eine ganz wichtige Umstellung, die der deutschsprachige Denkmalschutz bisher noch so gut wie gar nicht vollzogen hat, weil alle diese Themen innerfachlich kaum diskutiert werden; und schon gar nicht öffentlich diskutiert werden. Und diese Diskussion muss dringend beginnen, weil sie sonst eben "die Öffentlichkeit" ganz von selbst und ohne uns führt und damit unsere Interessen in dieser Diskussion dann gar nicht berücksichtigt werden, sondern zum "Feindbild" verkommen, gegen das sich die öffentliche Diskussion wendet.



